Bier: Nicht nur für Kerle

Food-Facts

Bier: Nicht nur für Kerle

Bier ist reine Männersache? Wer so etwas behauptet, bei dem ist tatsächlich Hopfen und Malz verloren. Zum Glück sind die Zeiten vorbei, da Bier in verrauchten Beizen vornehmlich in männliche Kehlen floss und nicht dem Genuss galt, sondern eher zur Förderung eines veritablen Rausches. Bier hat sich längst - unabhängig vom Geschlecht – zu einem vielfältigen Genussgetränk entwickelt, das praktisch zu jeder Gelegenheit passt. Mit fast 1300 Brauereien im Land ist die Schweiz Weltmeister in Sachen Brauereidichte.

Redaktor/in Meta Hiltebrand

Bier ist ein Kulturgut

Um nochmals kurz auf das Thema der Männerdomäne zu kommen: Fast 700 Jahre lang – bis ins tiefe Mittelalter – wurde das Brauhandwerk fast ausschliesslich von Frauen betrieben. Die Arbeit am Sudkessel gehörte einfach zur Hausarbeit. Erst mit der Industrialisierung wandelte sich das Bild. Aber von Anfang an: Bier wurde bereits vor 12’000 Jahren gebraut. Ja, Sie haben richtig gelesen. Die ersten Spuren führten ins heutige Westjordanland und nach China. Um 3000 v. Chr. verfeinerten die Sumerer das Handwerk des Bierbrauens. Die Babylonier führten Tradition und Kunst der Sumerer
fort. Und besassen ein rigoroses Qualitätsdenken: Wer wässriges Bier braute, wurde kurzerhand in seinem eigenen Sud ertränkt. Bier war zudem ein wichtiger Teil der Ernährung. In früheren Jahrhunderten enthielt es oft mehr Nährstoffe als andere Getränke, weshalb es in grossen Mengen konsumiert wurde – sogar von Kindern! Die Griechen und Römer tranken zwar auch Bier, aber die Begeisterung hielt sich in Grenzen. Anders die aufmüpfigen Gallier: Diese wollten sich von Cäsar ihr Bier keinesfalls verbieten lassen. Auch die Germanen (wen wunderts) schätzten den gegorenen Saft. Im Mittelalter waren es die Klöster, die dem Bier seine heutige Vielfalt verliehen. Der berühmte
Klosterplan von St. Gallen aus dem Jahr 820 zeigt drei Brauereien: eine für Mönche, eine für Pilger und eine für Gäste. Klosterbiere waren günstig, von hoher Qualität und setzten die weltlichen Brauereien unter Druck. Als Folge wurde im 15. Jahrhundert vielen Klöstern der Verkauf untersagt – der Grundstein für die heutige Brauindustrie war gelegt. Im 17. Jahrhundert war es dann in der Schweiz so weit: Der Kanton Bern erteilte erstmals eine Bewilligung zur gewerbsmässigen Herstellung von Bier. Die eigentliche Brauindustrie entwickelte sich jedoch erst mit der Nutzung der grossen technischen Erfindungen. Um 1885 hatte in der Schweiz das Bier den Wein als Nationalgetränk endgültig verdrängt.


Von beinahe 1300 Brauereien im Jahr 2021 waren nur rund 60 professionell geführte Betriebe mit ausgebildeten Brauern/-innen und Braumeistern/-innen. Diese 60 Brauereien stehen für 98 Prozent der Schweizer Bierproduktion. Jede von ihnen stösst mehr als 100‘000 Liter Bier pro Jahr aus. Die restlichen registrierten Brauereien werden als Hobby oder nebenberuflich betrieben.


Im Wandel der Zeit

Bier ging durch unruhige Zeiten. Krieg und die Weltwirtschaftskrise stoppten den Höhenflug der Brauereien abrupt. Die Nachfrage sank stark. Um den wirtschaftlichen Herausforderungen zu trotzen, wurde 1935 die Konvention der schweizerischen Brauereien in Kraft gesetzt. Anders als der Erste hatte der Zweite Weltkrieg die Branche nicht nachhaltig erschüttert. Keine Brauerei musste den Betrieb einstellen. Die Voraussetzung für das Überleben dieser Kriegsbaisse war insofern günstiger, als durch die Konvention und die enge Kooperation kostspielige Konkurrenzkämpfe in der Zwischenkriegszeit praktisch eingestellt worden waren. Das angespannte Wirtschaftsumfeld in den Siebzigerjahren, eine sinkende Nachfrage, interne Spannungen, wachsende Bier-Importanteile, sich querstellende Detailhändler und weitere Einflüsse setzten dem Kartell stark zu. Erst 1991, mit dem Ende der Konvention, kam wieder Bewegung in die Branche. Die Zahl der Brauereien explodierte: von
32 im Jahr 1991 auf sagenhafte 1278 im Jahr 2021 – Weltrekord in Sachen Brauereidichte!

Bier in der Küche – gar keine Schnapsidee

Schweizer Bier ist das Nationalgetränk. Nachhaltig und umweltbewusst gebraut, mit natürlichen und qualitativ hochwertigen Rohstoffen. Die immense Biervielfalt in unserem Land beweist, dass Bier durch umfangreiche Aromen- und Geschmacksvielfalt zu praktisch jeder Gelegenheit passt. Bier mit und ohne Alkohol lässt sich deshalb auch hervorragend mit einem feinen Essen kombinieren. Bier gehört also nicht nur ins Glas, sondern auch auf den Teller! Ob als Marinade, in Saucen oder sogar als Geheimzutat im Dessert – Bier bringt Tiefe, Charakter und Würze auf den Tisch. Fazit: Bier ist weit mehr als nur ein Feierabendgetränk. Es ist ein kulinarisches Wundermittel – wenn man es richtig einsetzt! In diesem Sinne: Ran an die Töpfe und einfach mal ausprobieren!


*Ein bieriges Dankeschön für die inhaltliche und textliche Unterstützung an Marcel Kreber, Direktor Schweizer Brauerei-Verband, SBV


zurück zur Übersicht