Zeitzeuge der Industrialisierung
Die Eisenbahn hatte im vorletzten Jahrhundert entscheidenden Einfluss auf die städtebauliche Entwicklung: Im Industriequartier von Zürich fuhren die Züge über Bahndämme, die als undurchdringliche Riegel der Ausdehnung des Quartiers im Wege standen. Die Lösung dieses Problems: Die Dämme wurden durch Viadukte ersetzt. 1891 machten sich über 200 Steinhauer an die Arbeit, um genau ein solches imposantes Bauwerk zu erstellen. Das Viadukt wurde in erster Linie gebaut, um die Industrie der Stadt besser an den Hauptbahnhof anzubinden. Nach nur drei Jahren war das Werk vollbracht und wertete fortan den Stadtteil Zürich-West auf. Als Zeitzeuge des industriellen Wachstums sorgte das Viadukt für einen schnelleren Transport verschiedenster Güter – in einer Zeit, wo noch keine Autos über die Strassen rollten und keine Trams und Busse im Einsatz waren.
Prägende Ausstrahlung
Bis heute prägen die 53 Viaduktbögen diesen Stadtteil. So sehr, dass Architekturstudenten sowie
Künstler sich dieses Bauwerk immer wieder als kreativen Kraftort veranschaulichen. Kaum ein Zürcher
Bauwerk ist so geschichtsträchtig und bis zum heutigen Zeitpunkt erhalten geblieben. Daran konnte selbst das düstere Kapitel des 2. Weltkrieges nichts ändern, als die Bögen irrtümlicherweise von Bomben getroffen wurden. In den 80ern erwachten die Viaduktbögen zu neuem Leben und wurden umgenutzt, teils für Galerien oder andere Geschäfte. So entstand mit der Zeit eine der schönsten Einkaufs- und Flaniermeilen der Stadt – sowie die erste Markthalle in Zürich überhaupt.
Vielfalt verbindet
Entlang der Viaduktbögen darf nach Herzenslust geshoppt werden. Viele kleine, ausgewählte Läden
präsentieren hier ihre Produkte und laden zum Verweilen in den Markthallen ein, wo auch für das
leibliche Wohl gesorgt wird. Frische regionale Produkte, auserlesene Weine und Käsesorten sowie Restaurants und Foodstände lassen das Geniesserherz höherschlagen. Die Bögen haben eine besondere Magie. Das metallische Donnern der darüberfahrenden Züge ist der perfekte Soundtrack für ein urbanes, wie vielfältiges Quartier mit viel Freiraum. Es ist eine Bühne für Zürichs Wandel vom
Industriequartier zum kreativen Herzen der Stadt. Mich zieht dieser Ort an. Schon in früheren Jahren war ich hier gerne Gast. Zu meiner Jugendzeit fanden immer wieder Partys in vereinzelten Bögen statt, im gleichen Quartier findet man bekannte Technoclubs, die bis heute zu den angesagtesten der Stadt zählen. Im Herzen der Viaduktbögen habe ich auch mein Kochstudio, wo jede einzelne Ausgabe des Magazins «Einfach Kochen» in einem kreativen Raum entsteht. In vier Küchen auf 100 Quadratmetern Fläche geniesse ich den urbanen Alltag. Dass die Züge oben drüberfahren, stört mich kein bisschen – im Gegenteil, es ist ein Gefühl von Leben und Action!
Rezept «Restaurant Viadukt» Fischcarpaccio mit Meerrettich
400 g Eglifilets, Felchenfilets oder ein anderer weisser Süsswasserfisch
200 g Rettich
1 kleine Ingwerwurzel
1 Limette
4 EL Sesamöl
1 EL Sesamsamen, geröstet
Fleur de Sel
2 EL Erdnusskerne, geröstet
Etwas frischen Koriander
- Fischfilets in dünne, «carpaccioartige» Scheiben schneiden. Rettich schälen und
in feine Stäbchen schneiden. - Für die Sauce Ingwer schälen und in feine Stäbchen schneiden. Limette abschälen und Schale fein hacken, Saft auspressen. Ingwer mit Sesamöl, Sesamsamen, Limettensaft und -schale zu einer Sauce verrühren. Mit Fleur de Sel abschmecken.
- Geschnittenen Rettich mit der Sauce marinieren und Erdnüsse dazugeben.
- Fischfiletscheiben auf einem Teller anrichten und Rettichsalat darauf verteilen. Mit Korianderblättchen garnieren.
Bild: Martina Meier und Ada Tanner
We are family
Meine Nachbarn sind freundlich und kreativ. Es ist ein schönes Miteinander, auch wenn wir alle aus total unterschiedlichen Ecken kommen. So grüsse ich jeden Morgen die Mitarbeiter des «Bogen F», die in einem kleinen, aber feinen Rahmen Konzerte für bis zu 300 Personen veranstalten. Für coole Bikes ist der «Velonauta» neben mir genau richtig. Wer ein spezielles Velo braucht, der wird hier fündig. Auch Stiftungen sind Teil des Viadukts. Zum Beispiel die «Stiftung Netzwerk». Sie bietet Menschen unterschiedlichen Alters in schwierigen Lebenssituationen Wohnraum, Arbeit und Beratung. Ebenso erwähnt sei die «St. Jakobsbäckerei», welche das Quartier mit frischem Brot und anderen süssen Backwaren versorgt. Sie ermöglicht Menschen mit Beeinträchtigung eine berufliche Perspektive. Modebewusste dürften beim Namen Jeroen van Rooijen aufhorchen. Er führt sein Geschäft «Cabinet» mit seiner Frau Nina und begeistert mit äusserst stilvoller Mode. Ebenso begeistert waren die Macher vom GQ-Magazin, die ihn 2016 zum «Best Dressed Man der Schweiz» kürten. Besonders stylish: die Stilberatung mit ausgewählten Textilien. Zum perfekten Outfit gehört ein perfekter Haarschnitt. Dann ab zu «shy+flo», den Meistern der State-of-the-Art- Hairstyles.
Wenn es etwas Besonderes sein soll, kaufe ich gerne bei «Berg und Tal» in der Markthalle ein. Hier
findet man Delikatessen der feinsten Art. Falls ich mal nicht selbst koche (ja, das gibts), dann liebe ich es, hausgemachte Pasta bei «Pasta Mercato» zu kaufen. Hier sieht man beim Einkaufen auch gleich in die Produktion. Das ist grossartig – denn nix zu verbergen, finde ich ein tolles Konzept. Und wenn sich dann ein langer Tag dem Ende zuneigt, geniesse ich einen Apéro im «Restaurant Markthalle». Bei gutem Wetter kann man draussen im Grünen sitzen und einen ausgezeichneten Kaffee oder Drink geniessen. Wer auf dem Nachhauseweg noch Blumen braucht, kommt in der Markthalle ebenfalls auf seine Kosten. «Im Garten» heisst die kleine Oase, wo man fantastische Blumensträusse – jeder ein Unikat – erhält. Für die Floristin Manuela sind Blumen das, was für mich das Kochen ist: einzigartig und bunt. Das Viadukt ist ein Schmelztiegel aus Industrie, Architektur, Design, Kulinarik sowie kreativen Shops und Läden. Es verbindet nicht nur die Bewohner des Quartiers, sondern ist auch ein Ort für spannende Begegnungen mit Menschen jeglicher Couleur.
Rezept von Andrea Salucci, «Pasta Mercato»
Strozzapreti fatti in casa con cime di rapa
→ Zubereitung für Strozzapreti – 400 g (2 Portionen)
300 g Mehl (Hartweizengriess oder Typ 00)
150 ml Wasser
1 kg Cime di rapa
2 Knoblauchzehen
1/2 Peperoncino
1 EL Olio d’Oliva
Eine Prise Salz
- In der Mitte eine Mulde formen und das lauwarme Wasser hineingiessen.
- Mit einer Gabel das Wasser langsam mit dem Mehl vermengen, bis ein grober Teig entsteht.
- Den Teig mit den Händen zu einem glatten und elastischen Teig kneten.
- Den Teig in Frischhaltefolie wickeln und ca. 30 Minuten ruhen lassen.
- Den Teig in kleine Portionen teilen und jede Portion zu einer langen, dünnen Rolle formen (ca. 1 cm Durchmesser).
- Die Rollen in ca. 5 cm lange Stücke schneiden.
- Jedes Stück zwischen den Handflächen oder auf einem bemehlten Brett leicht drehen, um die typische Strozzapreti-Form zu erhalten.
- Die Strozzapreti auf einem bemehlten Tuch oder Tablett auslegen und trocknen lassen.
- Putzen Sie die Cime di rapa, indem Sie die Blätter von den Spitzen trennen und sie gründlich waschen.
- In einem grossen Topf reichlich Salzwasser zum Kochen bringen.
- Die Cime di rapa in kochendem Wasser etwa 5 Minuten kochen und danach im Eisbad abschrecken (blanchieren).
- Die Strozzapreti in kochendem Salzwasser ca. 3–5 Minuten kochen, bis sie an die Oberfläche steigen.
- In der Zwischenzeit in einer grossen Pfanne die ungeschälten, leicht angedrückten Knoblauchzehen und die Chilischote in Olivenöl extra vergine anbraten.
- Pasta abgiessen, dabei einen Teil des Kochwassers aufheben.
- Pasta und Cime in die Pfanne mit dem Soffritto geben und gut umrühren, ggf. etwas Kochwasser hinzufügen.
- Knoblauchzehen entnehmen, bevor die Pasta heiss serviert wird.