Milch - durch nichts zu ersetzen?

Ernährungsberatung

Milch - durch nichts zu ersetzen?

Hafer-, Soja- oder Reismilch: Milchersatzprodukte werden immer beliebter. Oder braucht man tatsächlich Kuhmilch, um gesund zu leben?

Redaktor/in Marianne Botta Diener

Ja, ich trinke Milch im Kaffee und ich esse Milchprodukte. Wenn ich die einmalige Chance habe, rohe, frisch gemolkene Biomilch von Fritz zu bekommen, erst recht. Sie hat geschmacklich rein gar nichts mit irgendwelcher UHTMilch von mit Silofutter gefütterten Autobahnkühen zu tun. Fritz’ Kühe tragen Hörner, sind sehr viel draussen und werden nie angebunden. Meiner Meinung nach schmeckt die Milch auch so, nach glücklichen Kühen, auch wenn ich das nicht genauer definieren kann. Dass mir Milch und Milchprodukte schmecken, ist jedoch meine persönliche Haltung und ich lasse gerne auch andere gelten. Denn heute spaltet kaum ein Lebensmittel die Bevölkerung so sehr in zwei Lager wie die Milch von der Kuh. Längst ist in Blogs eine heftige Diskussion zwischen den überzeugten Befürwortern und den militanten Gegnern entbrannt. Doch bleiben wir bei den Fakten. Die SGE empfiehlt Erwachsenen, täglich drei Portionen Milchprodukte zu konsumieren. Kein anderes Lebensmittel ist so reich und gehaltvoll an Nährstoffen wie die Milch. Zudem ist sie die beste Kalziumquelle, die wir haben und eins der ersten Nahrungsmittel, das wir kennen. Sie gehört ebenso wie daraus hergestellte Produkte zu unserer Kultur, unsere Genetik hat sich an den Milchkonsum angepasst und ihr Genuss ist vor diesem Hintergrund gerechtfertigt. Heute werden pro Jahr in der Schweiz mehr als 4 Millionen Tonnen Kuhmilch produziert.

Milch ist damit das wichtigste Erzeugnis der schweizerischen Landwirtschaft. Trotzdem wenden sich immer mehr Menschen vom Milchkonsum ab. Die Zahl derer, die Milch nicht gut vertragen, steigt kontinuierlich an. Immer mehr Kinder leiden unter einer echten Allergie auf Kuhmilcheiweiss. Von einer Laktoseintoleranz ist heute in der Schweiz etwa jeder fünfte Mensch Hafer-, Soja- oder Reismilch: Milchersatzprodukte werden immer beliebter. Oder braucht man tatsächlich Kuhmilch, um gesund zu leben? betroffen. Wer nach Milchkonsum unter happigen Reaktionen leidet, muss darauf verzichten. Oder im Fall der Laktoseintoleranz zumindest auf laktosefreie Milch mit vergleichbarem Nährwert ausweichen.

Manche Milchgegner sorgen sich um das Wohlergehen der Kühe. Diese müssen, um Milch geben zu können, ein Kalb nach dem andern gebären. Im Erwachsenenalter Milch zu trinken, könnte man als «unphysiologisch» bezeichnen. Ausser uns Menschen macht das kein Lebewesen. Verfechter dieser These argumentieren, dass Milch lediglich im Säuglingsalter gebraucht werde. Übrigens gibt es keine überzeugenden Beweise dafür, dass Milchkonsum mit einem niedrigeren Erkrankungsund Sterberisiko einhergeht. Studienresultate über die Folgen von häufigem Milchtrinken auf das Krebsund Herz-Kreislauf-Risiko gehen in alle Richtungen: positiv, negativ, neutral. Milch und Milchprodukte können, so die Aussage verschiedener Untersuchungen, im Erwachsenenalter nicht mal das Osteoporose- Risiko senken. Genügend Bewegung scheint da ein viel wichtigerer Schutzfaktor zu sein. Und sowieso ist ein Kalziummangel bei einer ausgewogenen Ernährung sogar bei Milchverzicht selten. Auch Hülsenfrüchte, Nüsse und dunkelgrünes Gemüse wie Brokkoli liefern viel Kalzium. Fakt ist, dass vieles für Fritz’ Biomilch spricht. Sie enthält meist mehr fettlösliche Vitamine A und E, mehr Omega- 3-Fettsäuren und mehr konjugierte Linolsäure CLA, die das Immunsystem stärken und vor Krebs schützen kann. Einen Liter pro Tag trinke ich dennoch nicht davon. Denn wahrscheinlich ist es mit der Milch wie mit allem: es kommt auf die Menge an, ob sie gesund ist oder nicht.


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